„Die Realität besteht nicht aus Hass und Hetze“

Im Oktober wählten die Jusos Niedersachsen Lara Meyer (Landkreis Diepholz, Masterstudentin Biologie, 26) und Jarno Behrens (Leer, Masterstudent Politik, Wirtschaft, Englisch auf Lehramt, 24) zur neuen Doppelspitze. Wie es läuft, welche Themen und Pläne für 2026 auf ihrem Programm stehen und warum sie sich von Hasskommentaren in Sozialen Medien nicht abschrecken lassen, berichten sie im Interview:

 

Hallo Lara, hallo Jarno. Vor wenigen Wochen wurdet Ihr zu den Vorsitzenden der Jusos Niedersachsen gewählt. Wie läuft es?

Lara: Sehr gut, wir nehmen Fahrt auf, haben einige Themen auf dem Zettel und spüren sehr viel Motivation – zwischen uns und aus dem Gesamtvorstand. Wir freuen uns darauf, diese Themen zu begleiten, auch mit Blick auf den Kommunalwahlkampf.

Jarno: Da gehe ich mit. Ich darf das ja schon ein Jahr länger machen. Aber es ist trotzdem noch mal ein echter Aufbruch, das hat man auch bei der starken Landeskonferenz gemerkt. Es waren arbeitsreiche und spannende Wochen.

Was hat Euch am meisten überrascht?

Lara: Für mich als Neue in der Position war es die Verantwortung, die eine andere ist als die, die ich als stellvertretende Bezirksvorsitzende innehatte. Die Taktzahl ist eine andere, aber im positiven Sinne.

Jarno: Mich hat gefreut, dass es sich sehr schnell eingespielt hat mit der neuen Doppelspitze. Wir studieren auch an der gleichen Uni, das macht es noch ein bisschen leichter.

Ihr beide engagiert Euch seit Jahren in der Kommunalpolitik. Wie kam es dazu? Was ist das Gute daran?

Lara: Man hat mir gesagt: ,Lara, das kannst Du.‘ Und dann habe ich nicht schnell genug Nein gesagt. (alle lachen)
Tatsächlich bin ich sehr supportet worden in meiner Position als Gemeinderätin, das war gut. Thematisch war ich von vornherein begeistert, und so konnte ich mir das zutrauen und habe das Amt mit Freuden angenommen. Das hat mich sehr motiviert. Ich werde auch 2026 wieder kandidieren. Man ist sehr nah dran an den Themen, man kann sehr viel direkt umsetzen. Ich kann es echt empfehlen. Also, Leute, geht in die Kommunalparlamente!

Jarno: Auf jeden Fall. Ich war zuerst bei den Jusos aktiv, habe dann 2023 den Vorsitz meines SPD-Ortsvereins übernommen. Ich bin also nah an den kommunalen Themen, und es ist sehr erfüllend, wenn man vor Ort konkret Veränderungen voranbringen kann – neben den vielen Debatten und Beschlussvorschlägen, die wir natürlich ebenfalls führen und machen. Ich kann mich Lara nur anschließen und ebenfalls empfehlen, in der Kommunalpolitik aktiv zu werden. Und auch ich kandidiere im kommenden Jahr für den Stadtrat. Insgesamt erlebe auch ich eine sehr politische Jugend.

Lara: Wobei es manchmal wirkt, als ob sich junge Menschen nicht mehr für Politik interessieren. Tatsächlich ist es aber so, dass sich viele einfach nicht abgebildet und gesehen fühlen in der aktuellen Politik. Es wird zu oft und zu viel über junge Leute geredet als mit ihnen. Das muss sich dringend ändern.

Viele sind abgeschreckt von Hass und Hetze vor allem in Sozialen Medien. Könnt Ihr das verstehen? Was sagt Ihr dazu?

Jarno: Es ist schlimmer geworden in den letzten Jahren. Was für Hasskommentare zu lesen sind, ist teilweise unglaublich. Es ist aber nicht unbedingt ein Phänomen der jungen Generation, die empfinde ich sogar überwiegend als sehr respektvoll. Insgesamt aber wäre es ein großer Fehler, sich davon abschrecken zu lassen. Es gibt starke Netzwerke in der SPD und bei den Jusos, und es ist unsere Aufgabe, dagegen zu halten.

Lara: Absolut. Wenn man sich raushält, haben diese Leute, die die Hasskommentare schreiben, den Gesamtraum im Internet für sich. Das kann man vor allem dadurch stoppen, dass man präsent ist. Man muss nicht auf jeden Kommentar reagieren, aber präsent zu sein, die eigene Meinung darzustellen, ist super wichtig, denn so kommt man in die Feeds der anderen. Es gibt viele, die im Netz nur mitlesen und sich selbst nicht äußern. Wenn die immer nur Hass und Hetze sehen, dann wird ihre Wahrnehmung auch entsprechend geprägt. Deshalb ist es so wichtig, auch die andere Darstellung zu zeigen. Auch wenn es einem manchmal schwerfällt. Aber dafür stehen wir ja auch nicht alleine da, sondern als Gruppe.

Jarno: Unterstreiche ich. Und man darf auch nicht glauben, dass das die Realität ist. Die Realität besteht nicht aus Hass und Hetze. Das müssen wir immer wieder deutlich machen.

Vor der SPD in Niedersachsen stehen spannende Zeiten, am 13. September 2026 sind Kommunalwahlen, ein Jahr später wird ein neuer Landtag gewählt. Was erwartet Ihr vom Wahlkampf?

Lara: Wir erwarten, dass viele junge Kandidierende dabei sind, die ihre Themen in die Parlamente hineinbringen. Zum Beispiel müssen wir Kommunen befähigen, zu gestalten und nicht nur Mängel zu verwalten. Dafür braucht es auch genügend Finanzmittel.

Jarno: Wir wollen gezielt junge Leute ansprechen, um die Jugend nach vorne zu bringen bei den Kommunalwahlen. Ich bin überzeugt: Wir können nur gewinnen, wenn wir die Gesellschaft abbilden. Dafür würde ich mir mehr Regelungen wünschen, um junge Menschen auf den Listen der SPD noch präsenter zu machen. Wir wünschen uns, dass es in ganz Niedersachsen starke junge Leute gibt, die für die SPD und die Themen der Menschen im Land kämpfen.

Welche Themen treiben Eure Generation zurzeit am meisten um?

Jarno: Bildung ist ein wichtiges Thema, das liegt ja nahe, auch Probleme, die Auszubildende und Studierende haben, sind uns wichtig, und da erwarten wir auch klare Antworten.

Lara: Bildung ist wirklich ein zentrales Thema, in den Schulen werden die Menschen demokratiefest gemacht, in den Schulen verbringen junge Leute auch die meiste Zeit. Wenn Schule aber nicht funktioniert, weil die Tafel runterkracht oder digitale Teilhabe nicht möglich ist, weil man sich die Lernmittel nicht leisten kann, dann brauchen wir dafür Lösungen. Genügend finanzielle Mittel, genügend Lehrkräfte und so weiter. Ein weiteres sehr relevantes Thema ist für mich die Klimakrise. Viele junge Menschen fragen sich: Schaffen wir unsere Zielsetzung der Klimaneutralität 2035 und warum wird derzeit wieder so stark abgebremst? Es ist unsere Lebensrealität und Zukunft, mit der da gespielt wird.

Jarno: Genau. Darüberhinaus ist bezahlbarer Wohnraum für Auszubildende und Studierende ein großes Thema. Viele leben in prekären Verhältnissen und können sich trotz Ausbildungsvergütung, Bafög oder Minijob vieles schlicht nicht mehr leisten.

Bei der Kommunalwahl dürfen 16-Jährige mitwählen, bei der Landtagswahl müssen Wähler volljährig sein. Sollte das geändert werden?

Jarno: Unbedingt. Wenn man darüber diskutiert, junge Menschen zum Dienst an der Waffe zu verpflichten, dann sollte man diesen jungen Menschen auch zutrauen, eine richtige Wahlentscheidung treffen zu können.

Lara: Und sie vorher auch mitreden lassen.

Jarno: Und deswegen ein ganz dringender Appell, das bis zur Landtagswahl umzusetzen.

Traditionell sind die Jusos bei vielen Themen kampflustig und sparen auch innerhalb der SPD nicht unbedingt mit Kritik. Wenn Ihr Euch etwas wünschen könntet, das sofort Realität werden würde, was wäre das?

Jarno: Bei mir wäre es kostenfreie Bildung von der Krippe bis zum Master oder Meister. Es darf nichts mehr kosten, sein Kind in die Krippe zu geben, es darf nichts mehr kosten, ein Schulbuch zu besitzen, und so weiter. Da hat die SPD in Niedersachsen schon viel erreicht. Das ist gut, aber der Weg ist noch lange nicht zu Ende gegangen.

Lara: Da würde ich mitgehen. Ich hätte aber auch noch einen Wunsch zum Stichwort Klimakrise und Transformation. Wenn ich jetzt schnipsen könnte, dann hätten wir in Niedersachsen die sozial-ökologische Transformation in allen unseren Industriebereichen abgeschlossen – inklusive langfristig gesicherter, guter Arbeitsplätze. Ich glaube, hierbei können wir in Niedersachsen wirklich Vorreiter sein. Wir kämpfen auf jeden Fall weiter dafür.

 

Vielen Dank für Eure Antworten. Zum Schluss noch ein kleines Spiel. Bitte vervollständigt folgende Sätze:

 

Ich bin in die SPD eingetreten, weil …

Lara: … eine sozialdemokratische Partei meine Heimat ist.
Jarno: … sie die stabilste Kraft im Kampf für die Demokratie ist.

Künstliche Intelligenz bedeutet für mich …

Lara: … spannende (leicht ironisch) Gespräche mit ChatGPT. Und eine neue Entwicklungsstufe, die man gesellschaftlich begleiten muss.
Jarno: Dem kann ich mich anschließen.

Meine Rente ist…

Lara: … mir so wichtig, dass ich immer dafür kämpfen würde.
Jarno: … sicher, wenn wir endlich alle in das Rentensystem einbeziehen.

Sorge macht mir derzeit in Niedersachsen …

Lara: … dass die AfD Zulauf bekommt. Die machen nichts für die Menschen, gar nichts. Im Gegenteil würden sie die Lebensrealität der Menschen verschlechtern, wenn sie Macht bekommen würden. Das müssen wir verhindern.

Jarno: Das sehe ich absolut genauso.

Mir macht aber Mut, dass…

Jarno: … es unglaublich viele starke und kämpferische Jusos und Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Niedersachsen gibt, die sich dem entgegenstellen. Und es dürften gern noch mehr werden.

Lara: Dem schließe ich mich an.

Zum Ende des Jahres wünsche ich den Genossen…

Lara: … ein paar schöne, ruhige Stunden.
Jarno: Genau. Um Kraft zu schöpfen für den Kommunalkampf 2026.