Eigentlich ist Arbeit das perfekte Integrationsmittel. Wo auch immer Menschen herkommen, wer arbeitet und seinen Lebensunterhalt selbst verdient, wird auf mehr gesellschaftliche Anerkennung stoßen, soziale Beziehungen am Arbeitsplatz aufbauen können und nach und nach auch die Sprache besser lernen.
Am Freitag habe ich dafür ein besonders gutes Beispiel erlebt: Beim Besuch eines großen Elektrounternehmens in der Region Hannover präsentiert mir der Chef sein Unternehmen und verweist dabei darauf, bei ihm würden Menschen aus zweiundzwanzig Nationen arbeiten. Und was das heißen kann, erlebe ich etwas später, als ich ein Team kennenlerne, das u.a. immer wieder große Aufträge, etwa für die Installation von Videoanlagen, an Land zieht und sich dabei gegen große Konzerne durchsetzt. Die Gruppe besteht aus vier Männern, die aus Syrien, der Türkei, Serbien und Deutschland stammen. Ein denkbar buntes Team und gleichzeitig höchst erfolgreich.
Leider klappt es längst nicht überall so gut. Bei der Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten ist im Gegenteil insgesamt noch eine Menge Luft nach oben. Dabei suchen immer mehr Unternehmen händeringend Auszubildende und so wird es auch noch länger weitergehen. Denn in den nächsten Jahren gehen geburtenstarke Jahrgänge in den Ruhestand und die nachrückenden jungen Jahrgänge sind sehr viel kleiner.
Grob gesagt sind sieben Jahre nach dem Zuzug etwas mehr als sechzig Prozent der Betroffenen erwerbstätig und haben einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz. Vor allem bei den Frauen sehen die Zahlen allerdings deutlich schlechter aus. Warum sind es nicht mehr, warum geht es nicht schneller? Sicher gibt es dafür ganz unterschiedliche Gründe, manche werden personenbezogen sein, aber andere hängen mit den staatlichen Verfahren zusammen.
Da geht es etwa um die langwierigen Verfahren, bis Bildungsabschlüsse aus den Herkunftsländern anerkannt werden. Oder um die Notwendigkeit einer Arbeitserlaubnis, solange die Verfahren noch nicht abgeschlossen und ein Bleiberecht festgestellt ist. Aber noch problematischer, so ist immer mehr mein Eindruck, ist eine strikte Reihenfolge – erst Sprachförderung, dann Arbeitsmarkt.
Natürlich muss man die Sprache verstehen, wenn man sich auf einem Arbeitsplatz verständigen, einen Kunden beraten oder Sicherheitsvorschriften beachten soll. Andererseits: Die Sprache lernt man beim Sprechen, das ist nicht nur meine Erfahrung. Unterricht ist wichtig, um die Grammatik zu begreifen und den Wortschatz zu lernen. Aber die Kommunikation, um die es nicht zuletzt geht, braucht vor allem Übung. Und die können wenige Stunden Unterricht in der Woche nun einmal nicht genug vermitteln.
Wir brauchen eine Mischung von Sprachkursen und von Arbeit in einem Betrieb, davon bin ich mehr und mehr überzeugt, eine Verbindung von Theorie und Praxis. So ähnlich wie auch sonst in der beruflichen Bildung eigentlich – zum Beispiel zwei Tage Unterricht, drei Tage Arbeit in einem Praktikumsbetrieb.
Wenn es klappt, haben am Ende alle etwas davon: Die einen bekommen einen Ausbildungsbetrieb, die anderen eine Nachwuchskraft und die Gesellschaft entwickelt mehr Akzeptanz gegenüber Zuwanderern. In Niedersachsen wollen wir dafür arbeiten.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.