Mündlicher Bericht des SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzenden Bernd Wölbern 2023

Auf dem ordentlichen SPD-Unterbezirksparteitag am Samstag, 22. April 2023 hat der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Bernd Wölbern, mündlich für die Fraktion Bericht erstattet.

Es gilt das gesprochene Wort

 

Liebe GuG

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um ein paar grundlegende Überlegungen mit Euch, mit den Teilnehmern dieses Parteitages zu teilen.

Im Idealfall gelingt es mir, Euch so aufzuregen, dass Ihr über meine Bemerkungen noch lange nach diesem Parteitag nachdenkt und redet.

Ich möchte berichten über

Verantwortung

Die Kreistagsfraktion im Rotenburger Kreistag weiß, dass sie Verantwortung trägt.

Auch für die SPD als Partei.

Wir haben nicht vergessen, dass die SPD uns nominiert, und dass der Unterbezirk uns in vielerlei Hinsicht beim Wahlkampf unterstützt hat.

Für die Fraktion ist es daher selbstverständlich, ihre freiwilligen Mandatsabgaben zu leisten und wir freuen uns, dass es endlich gelungen ist, hierfür ein einfaches Verfahren auf pauschalierter Basis zu finden.

Das gibt auch dem Unterbezirk Planungssicherheit. Ein erster Vorstoß hierzu meinerseits stammt aus dem Jahre 2005…

Darüber hinaus weiß die Fraktion aber auch, dass sie Verantwortung für die Wahrnehmung der SPD im Landkreis Rotenburg hat. Durch die alltägliche Arbeit in den Gremien des Kreistages ist sie nun mal ein Gesicht der Partei.

Die Bürgerinnen und Bürger unterscheiden beim Lesen von Artikeln in den diversen Medien nicht nach „Fraktion“ und „Partei“. Letztlich ist es immer…

  • „die SPD, die etwas gesagt hat“
  • „die SPD, die etwas beantragt hat“
  • „die SPD, die etwas verhindert hat“
  • „die SPD, die etwas gut gemacht hat“
  • „die SPD, die etwas schlecht gemacht hat“
  • oder eben „die SPD, die nichts macht“!

All unsere klugen Beratungen, unsere Diskussionen und schließlich unsere Beschlüsse sind nichts wert, wenn niemand sie kennt!

Also: Redet darüber! Und jetzt meine ich uns alle.

Reden wir drüber. In den sozialen Netzen, in Pressemitteilungen, aber unbedingt auch persönlich in unserem realen Lebensumfeld.

Ich jedenfalls bin stolz darauf Sozialdemokrat zu sein! Und ich erzähle den Leuten gerne, dass wir Dinge anders sehen als die Schwarzen oder Gelben. Und sogar als die Grünen.

  • WIR sind es, die im Kreistag seit vielen Jahren gegen eine obskure Deponieplanung in Haaßel kämpfen!
  • WIR sind es, die für ein neues und transparentes Verfahren bei der Suche nach einem Deponie-Standort gesorgt haben!
  • WIR sind es, die eine Kooperation mit den Nachbarkreisen eingefordert haben!
  • WIR haben das Thema der kostenfreien Menstruations-Artikel an Schulen auf die Tagesordnung gebracht!
  • WIR haben den Rollstuhl-Zuschlag für Taxis abgelehnt!
  • WIR sind es, die einen sozialen Wohnungsbau im Landkreis fordern und eine Umbauförderung auf den Weg gebracht haben!
  • WIR haben Stellen für Bufdis an den Förderschulen initiiert!
  • WIR haben das Stipendien-Programm für Medizin-Studenten auf den Weg gebracht!
  • Und WIR waren es, die ein umfassendes Förderprogramm für die Geburtshilfe-Arbeit im Landkreis durchgesetzt haben!

Das waren alles WIR! Und die Leute müssen das wissen müssen, wenn sie sich fragen, wen sie wählen sollen.

Und dann sehe ich das…

Wahlergebnis KT-Wahl 2021

SPD+GRÜNE+LINKE = 42,19%

CDU+WFB+FDP+BLZG+FW = 54,33%

Rest = 3,48%

Sitze:

SPD+GRÜNE+LINKE = 23 Sitze

CDU+WFB+FDP+BLZG+FW = 30 Sitze + Landrat

Rest = 1 Sitz

Das sieht zunächst gar nicht mal so schlecht aus.

Aber: Sind wir damit wirklich zufrieden?

Verantwortung heißt auch Ehrlichkeit.

Schauen wir uns die Gewinne und Verluste an, dann sehen wir: Die SPD hat verloren. Über 2%-Punkte. Da tröstet mich der Verlust bei den Konservativen auch nicht wirklich.

Über die Gründe für dieses Ergebnis ist schon viel gesprochen worden, wir sind damit auch noch nicht fertig.

Am Ende werden die Erkenntnisse zu Verbesserungen führen, die dann umzusetzen sind.

Aber von dieser Stelle aus will ich Euch aufrufen und ermuntern: Seid laut! Sprecht über Eure Arbeit als Ortsverein, als Fraktionen, als Ratsmitglieder.

Lasst die Menschen wissen, was wir anders machen. Zeigt Haltung!

Auch wir als Kreistagsfraktion müssen und wollen unserer Verantwortung besser gerecht werden.

Wir werden unseren Austausch mit den Fraktionen vor Ort und mit den Ortsvereinen deutlich intensiver gestalten.

Wir werden auch die Zusammenarbeit mit dem Unterbezirk intensivieren und ausbauen. Im täglichen Geschäft ebenso wie perspektivisch-strategisch.

Das Ergebnis der nächste Kreistagswahl 2026 muss wieder 30% + x sein!

Und dafür brauchen wir ein geschlossenes Auftreten und ein gemeinsames Handeln. Denn als SPD sind wir nur dann erfolgreich, wenn wir gemeinsam und geschlossen auftreten.

2026 will ich mit Listen zur Kreistagswahl antreten, die nur so strotzen vor Selbstbewusstsein und Mut.

2026 will ich mit Euch gewinnen!

 

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Zur Verantwortung gehört auch, dass wir keine Angst haben, Wahrheiten auszusprechen und Notwendiges umzusetzen. Darum hat die Kreistagsfraktion einen

Handlungsrahmen zum Ausbau Erneuerbarer Energien entwickelt.

Ein Handlungsrahmen? Was ist das? Und was soll das?

Klimaschutz und Klimafolgen-Management werden zukünftig die bestimmenden Themen im Landkreis sein. Sie werden alle zukünftigen Entscheidungen überlagern.

Vor uns liegen fundamentale Veränderungen! Und das ist keine Floskel.

Wir wussten das schon 2016, als wir unseren Antrag zum Klima-Notstand formuliert haben. Die CDU hat das nicht verstanden.

Aber diese Gewissheit wird nun auch keine noch so verschlafene Mehrheit im Kreistag mehr wegwischen können.

Wir stehen vor einer nie dagewesenen transformativen Aufgabe: Ökologie, Ökonomie, Institutionen und unser allgemeiner Lebensstil müssen neuen Erfordernissen angepasst und mit Blick auf eine klimaneutrale und digitale Zukunft gestaltet werden.

Das erfordert eine deutlich gesteigerte Handlungsbereitschaft und einen Umbau, der das gesamte System betrifft. Ich habe das schon in meinem schriftlichen Bericht beschrieben.

Wir können nicht mehr in den Kategorien denken und handeln, wie politische kommunale Arbeit in den letzten 30 Jahren leidlich funktioniert hat.

Die Kommunen müssen ihre Rolle überdenken und neu definieren. Und damit auch der Landkreis.

Darum der Handlungsrahmen. Er ist Impuls und Forderung zugleich.

Impuls zum Nachdenken, und Aufforderung sich zu bewegen.

Wir sehen den Kreis in der Pflicht, seine Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Betätigung zu prüfen. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf den Bereichen Energieversorgung und Wertstoffverwertung.

Außerdem muss der Kreis seine Verantwortung wahrnehmen, die Transformation im Energiesektor zum Gelingen zu bringen. Und zwar für das gesamt Kreisgebiet.

Wer bei den vor uns liegenden Aufgaben beim Ausbau von Windenergie, Photovoltaik und dem Umbau beim Biogas glaubt, der Markt werde es schon richten, begeht einen fatalen Irrtum!

Der Markt folgt eben nur sehr begrenzt gesellschaftlichen Maßstäben. Der Landkreis als Gemeinwesen muss aber seiner Verantwortung für das Gemeingut gerecht werden.

Wir müssen handeln, statt nur zu beobachten. Und das Handeln der Kommunen sollte sich dabei am Gemeinwohl orientieren.

Die Mehrfach-Krise unserer Zeit hat gezeigt, dass der Markt bei lebensbedrohlichen Problem-Lagen versagt. Ausgerechnet!

Wenn ökonomische Wirtschaftlichkeit das wichtigste Bewertungskriterium ist, hinterlässt das Sieger und Verlierer.

Das mündet in einem gesellschaftlichen Unfrieden, der aber nicht im Sinne der Kommunen sein kann! (Das führt dann zu Rettungspaketen und Wummsen, und Doppel-Wummsen, die das Schlimmste zu verhindern suchen…)

Wir müssen von Beginn an anders denken und handeln: Ausgleich, Transparenz und Wertschätzung Aller muss an erster Stelle stehen.

Das Grundgesetzes und die Niedersächsischen Verfassung garantieren die kommunale Selbstverwaltung, zu deren Kernbereich das Recht der Kommunen auf wirtschaftliche Betätigung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben zählt.

Der Handlungsauftrag der Gemeinden, Samtgemeinden, Städte und des Landkreises definiert sich vor diesem Hintergrund gerade neu. Und es ist unserer Aufgabe dies zu sehen und zu erkennen. Und anzunehmen.

Mir ist bewusst, dass wir den Entscheidern in den Räten und Verwaltungen ganz schön viel zumuten, mit unserem Handlungsrahmen.

Denn es ist ja verlockend, sich auf formale Zuständigkeiten zurückzuziehen und ansonsten die Dinge laufen zu lassen.

Für Windenergie, Photovoltaik und Biogas gelten ja tatsächlich grundverschiedene Rechtsrahmen.

Und da kommen wir mit so einem 17-seitigen Papier und erwarten, dass Gemeinden und Landkreis sich zusammensetzen und nach einem gemeinsamen Weg suchen.

Freiwillig!

Mehrarbeit!

Wir erwarten, dass Menschen bereit sind, auf einen eigenen Vorteil zu verzichten, damit Alle etwas davon haben.

Freiwillig!

Wir hoffen, dass Gemeinden, Samtgemeinden und Städte bereit sind, mit dem Landkreis ein gemeinsames Entwicklungskonzept für alle drei Bereiche der Erneuerbaren Energien zu erarbeiten, das kreisweit Gültigkeit hat und gemeinsam umgesetzt wird.

Freiwillig!

Warum?

Weil wir naiv sind?

Oder Irre? Weil wir spinnen?

Nein!

Weil wir Verantwortung haben, und die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen wollen.

Um uns herum erleben wir, dass Gemeinden Gutachten und Potenzialanalysen auf den Weg bringen. Der Wettlauf ist schon im vollen Gange.

Wir sind überzeugt davon, dass wir nur gemeinsam das Beste für unsere Bürgerinnen und Bürger erreichen können.

Wenn wir die Konkurrenz im Landkreis überwinden und stattdessen kooperativ handeln, dann können wir unserem Landkreis Möglichkeiten eröffnen, die tatsächlich innovativ und revolutionär sind.

Wir können Ressourcen erschließen, die ansonsten nicht unerreichbar sind, weil die Gewinne größtenteils bei kapitalstarken Investoren landen.

Gerade am 17. April haben wir als KTF dazu einen mehrstündigen Vortrag gehört, der uns klargemacht hat, welche Chancen die Transformation eröffnet.

Ist es die „Ruhe“ wert, sich mit 200.000 Euro zufrieden zu geben? Oder lohnt sich die Mehrarbeit, wenn vielleicht 2 Mio. Euro möglich sind?

Jedes Jahr…

Geld, das dann unseren BürgerInnen vor Ort zu Gute kommt.

Für Kitas

Für Vereine

Für Schwimmbäder

Für Kinder-Jugendliche-„Alte“-…

Für…

Dafür lohnt es sich doch, zu kämpfen.

Und belächelt zu werden.

Darum der Handlungsrahmen.

Verlassen wir die ausgetretenen Wege. Sind wir mutig.

Danke.