Tanja und Jan Gerlach stellten Klingbeil zunächst das Konzept der digitalen Praxis in Scheeßel vor. Aus der Idee, die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum zu verbessern, haben sie ein digitales Angebot geschaffen. So bietet die Praxis digitale Sprechstunden an, arbeitet mit telemedizinischen Koffern, Apps für Patienten und Künstlicher Intelligenz. Dr. Jan Gerlach stellte Klingbeil bei seinem Besuch den telemedizinischen Koffer genauer vor. Mithilfe des Koffers kann eine speziell ausgebildete medizinische Fachangestellte Hausbesuche bei Patientinnen und Patienten durchführen, während der Arzt per Tablet zugeschaltet wird und die Untersuchungsergebnisse in Echtzeit erhält und auswertet. Der Koffer ermöglicht EKGs, Echtzeit-Herz- und Lungentöne, Sauerstoffmessungen sowie Ultraschalluntersuchungen. Der Arzt kann so eine fundierte Diagnose, beispielsweise einer Lungenentzündung, stellen, ohne selbst vor Ort zu sein. Damit wird die ärztliche Versorgung auch für mobilitätseingeschränkte Patienten schneller und zugänglicher. Doch auch Videosprechstunden in der Praxis sind möglich: So können Ärzte im Homeoffice digitale Sprechstunden anbieten und Patienten über die Videosprechstunde medizinisch betreuen. Unterstützt wird der digitale Ansatz der Praxis durch Self-Check-In Terminals, die den Zugang zur Praxis erleichtern und Warteschlangen verringern. Auch Künstliche Intelligenz (KI) wird in der Praxis intensiv genutzt: Zum Beispiel unterstützt eine KI-basierte Online-Impfberatung, und digitale Systeme helfen, die Diagnosen und Behandlungsabläufe effizienter zu gestalten. Klingbeil interessierte die Akzeptanz der digitalen Angebote bei den Patienten.
“Unsere Patient:innen sind begeistert”, sagt Jan Gerlach. “Denn sie merken bei uns im Alltag, wie sehr digitale Hilfsmittel das Leben vereinfachen – und dadurch mehr Zeit für das Wesentliche schaffen.”
Klingbeil wollte bei seinem Besuch in der Avatarpraxis auch wissen, was die Politik noch leisten könne, um den Fortschritt zu unterstützen. Aktuell werde die Digitalisierung durch den Gesetzgeber noch begrenzt: So müssen 70 Prozent aller Fälle in der Praxis erledigt werden und lediglich 30 Prozent könnten im digitalen Raum stattfinden. Zudem müssen Berufsbilder wie der Physician Assistant laut Gerlach in den einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgenommen werden, um die Verbesserung zu versorgen und den Mitarbeitern neue Perspektiven zu schaffen. „Es soll Spaß machen und Horizonte eröffnen, und das geht nur über Teamarbeit, Delegation und neue Berufsfelder“, so Jan Gerlach. Klingbeil sicherte zu, den Punkt in die Gespräche auf Bundesebene einzubringen und dankte für die Einblicke sowie den konstruktiven Austausch.
„Wir haben einerseits eine Vielzahl an älteren Patientinnen und Patienten und andererseits einen wachsenden Ärztemangel. Die vielen Möglichkeiten, Patienten und Ärzte hier zusammenzubringen, sind für unsere Region eine enorme Bereicherung. Die Praxis Gerlach & Kollegen ist richtungsweisend für die Digitalisierung und Zukunft von Arztpraxen“, ist sich Klingbeil sicher.